Die ganze Story über DR. TOD

Ein ungewöhnlicher Titel für einen Artikel, aber in Thailand weiss beinahe jeder, wer mit "Dr. Tod" gemeint ist. Dieser Titel bezieht sich auf Khun Ying Phonthip Rotchanasunan (nach: RTGS=Royal Thai General System of Transcription), oft auch Dr. Porntip Rojanasunand oder Rojanasunan genannt. Eine ungewöhnliche Frau mit einer interessanten Geschichte.

Dr. Porntip wurde am 21.12.1955 als ältestes von vier Kindern geboren. Ihre Eltern waren ebenfalls im wissenschaftlichen Bereich tätig. Sie ist seit 1987 mit dem Bankmanager Virachai Rojanasunan verheiratet. Dr. Porntip ist in Thailand einerseits als die führende Forensikerin, Autorin diverser Bücher und als Menschenrechtsaktivistin bekannt, andererseits fällt auch ihr unorthodoxes Aussehen mit roten und orangenen Haaren, exzentrischer Kleidung, Makeup und Plattformschuhen auf, so dass sie im modischen Bereich als Stilikone gilt und, nicht zu Unrecht, auch ein absoluter Medienstar ist.

Nach ihrem Medizinstudium an der Mahidol Universität in Bangkok promovierte sie an der Fakultät für Medizin am Ramathibodi Hospital in Bangkok. Seit dem Jahr 1985 galt Dr. Porntip als Expertin für Pathologie und seit dem Jahr 1995 auch als Expertin für forensische Medizin. In den Jahren 1982-1990 war sie Pathologin des "Hospital of Phra Buddha Chinarat" in der Provinz Phitsanulok. Danach wurde sie Chefin der Autopsie Einheit und der forensischen Einheit am Ramathibodi Hospital. Zur Zeit ist sie Direktorin der ärztlichen Abteilung des zentralen Beobachtungs- und Schutzzentrums beim Ministerium für Justiz (CIFS).

Dr. Porntip ist ein absolutes Medienphänomen in Thailand und wird von der Mehrheit der thailändischen Bevölkerung geliebt und verehrt. Äusserst unbeliebt ist sie jedoch bei Teilen der Polizei, denen sie öfters unkorrekte Ermittlungen bei Todesfällen nachweisen konnte. Auch viele Politiker in Thailand mögen sie nicht, weil sie so populär ist. Muslimrebellen aus den unruhigen Südprovinzen haben ein Kopfgeld auf Dr. Porntip ausgesetzt, und sie erhält regelmäßig Morddrohungen, so dass sie ständig von vier Leibwächtern beschützt wird. Diese Unpopularität bei einigen Teilen der Führung hat natürlich ihre Gründe, denn Dr. Porntip möchte, als zutiefst gläubige Buddhistin, daß die Seelen von Ermordeten oder durch andere Gewalteinflüsse (z.B. Naturkatastrophen) Umgekommenen, Ruhe finden können, wenn die Identität der Toten geklärt und deren korrekte Todesursache bekannt ist. Sie will für die Opfer von Gewalttaten Gerechtigkeit einfordern und schont daher bei ihren Untersuchungen weder Polizei noch Politiker. Dr. Porntip selbst meint zu ihrer schweren Tätigkeit, "dass die Seelen der Verstorbenen als Engel über ihr schweben und sie beschützen", da sie diesen Seelen Gutes antut. Eine weitere Prämisse ihres Lebens ist die Einstellung, dass "nur ein Leben mit guten Taten ein erfülltes Leben sei. Ein Leben ohne gute Taten ist so, als ob man nicht gelebt hätte".

Einige bekannte Fälle, bei denen Dr. Porntip die leitende Pathologin und Forensikerin war, mögen ihre Bedeutung für Thailand belegen. Ihren ersten spektakulären Fall hatte sie 2001 mit dem Tod des Mitglieds des thailändischen Parlamentes, des Multimillionärs Hangthong Thammawattana, bei dem die Polizei von einem Selbstmord ausging, in dem jedoch Dr. Porntip nachwies, daß mit grosser Sicherheit dessen jüngerer Bruder Noppadal ihn ermordet hatte. Im Jahr 2003 untersuchte Dr. Porntip zahlreiche Todesfälle während der Anti-Drogen-Kampagne des damaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra. Bei vielen Toten wiess sie nach, dass diese durch den Einfluss der Polizei ums Leben kamen. Die nächste spektakuläre Untersuchung war die Aufarbeitung des Tsunami-Desasters vom Dezember 2004. Vom 13.01. bis zum 03.02.2005 war sie vor Ort in Phang Nga und leitete die ungemein schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe, die Leichen zu identifizieren. Erst auf massive Intervention des Polizeigenerals Nopadol Somboonsab musste sie, unter den wütenden Protesten der Bevölkerung und der Medien, ihre Untersuchungen abbrechen, da die Polizei die forensischen Untersuchungen selbst leiten wollte.

(Siehe: Victim Identification. Compromise reached over forensic task, The Nation, 16.01.2005 und Unidentified Western bodies to be moved, The Nation, 25.01.2005).

Eine weitere Untersuchung betraf das sogenannte "Tak Bai Massaker" vom 25.10.2004 in der Provinz Narathiwat, wo durch ungewöhnliche Umstände nach Zusammenrottungen 78 Muslime starben.

Dr. Porntip war es, die in Thailand die DNA-Analyse als allgemeine Untersuchungsmethode in der Forensik allgemein und wissenschaftlich anerkannt durchsetzte.

Dr. Porntip erhielt bemerkenswerte Auszeichnungen für ihre Tätigkeit. Bereits 1999 bekam sie von der Mahidol Universität eine Anerkennung für ihre ausgezeichnete Lehrtätigkeit und für ihre hohen moralischen und sittlichen Ansprüche, die sie an ihre Studenten stellt, die später den Beruf eines Pathologen bzw. Forensikers ausüben wollen. 2001 erhielt sie von der Fakultät der Wissenschaften der Mahidol Universität den "Outstanding Alumni Award", gefolgt vom "Orden 4. Klasse des höchstberühmten Orden von Chula Chom Klao". Im Jahr 2003 wurde Dr. Porntip von der Zeitung "The Nation" zur Person des Jahres gewählt, noch im gleichen Jahr folgte die bisher höchste Ehrung, denn König Bhumibol verlieh ihr den Ehrentitel Khun Ying, den zweithöchsten Titel nach Than Phuying, den eine Frau nichtköniglichen Geschlechts in Thailand erhalten kann. Schon 2005 folgte eine weitere Ehrung durch die thailändische Regierung: eine Preisverleihung als "Aussergewöhnlicher Verteidiger der Menschenrechte". In diesem Jahr (06.03.) folgte eine weitere Ehrung, zusammen mit acht weiteren Thailänderinnen, mit der Auszeichnung als "Herausragende Frauen im Buddhismus".

Dr. Porntip ist wahrlich nicht nur eine herausragende Wissenschaftlerin und Menschenrechtsaktivistin. Sie ist mit Sicherheit eine ungemein wichtige Persönlichkeit für die jüngere Geschichte Thailands. Und man kann Thailand nur wünschen, daß diese mutige Frau dem Land noch lange erhalten bleibt und sie noch lange dem Land dienen kann und dass vielleicht auch in nicht ferner Zukunft auch ihr größter persönlicher Wunsch, der Aufbau eines Nationalen Institutes für vermisste Personen, in Erfüllung gehen möge. Dies sei dieser ungemein sympathischen Frau ausdrücklich gegönnt, für die der Autor dieses Artikels grössten Respekt und Bewunderung hat.

Interessante Filme über Dr. Porntip: National Geographic: "Crime Scene Bangkok" und GEO 360 Grad: "Die Seelensammler von Bangkok". Dr. Volker Wangemann


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