Der Kampf um den Tempel

Der Konflikt an der kambodschanisch-thailändischen Grenze

Dokumentation von Dr. Volker Wagemann

Wir hatten ja schon im Heft 06/2009 S.16-19 unter dem Titel Preah Vihear/ Prasart Khao Pra Viharn / Der ewige Streit um den Tempel über den Grenzstreit zwischen Kambodscha und Thailand um das Gelände des Preah Vihear Tempels (kambodschanisch) oder Prasart Khao Pra Viharn (thailändisch) eingehend berichtet. Dabei wurden die historischen Gründe für diesen Streit ausführlich erläutert, so daß wir uns an dieser Stelle nicht mit den historischen Ursachen beschäftigen wollen, sondern auf die gegenwärtigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kambodscha und Thailand eingehen wollen.

Am 04.02.2011 wollte die PAD (People's Alliance for Democracy=die "Gelben") eine Protestveranstaltung gegen die Haltung der thailändischen Regierung bei den Verhandlungen mit der kambodschanischen Regierung veranstalten, denn der thailändischen Regierung wurde von der PAD "Weichheit" gegenüber Kambodscha vorgeworfen. Nach Angaben von Polizei-Generalmajor Wichai Sangprapai, Kommandeur der Metropolitan Police Division 1, wurden 17 Kompanien zum Schutz der Veranstaltung an der Thanon Ratchadamnoen Nok eingesetzt. Für den 13.02.2011 war eine weitere Veranstaltung der PAD vor dem Kriminalgericht in der Thanon Ratchadaphisek geplant, die bei der Polizei schon schwere Sicherheitsbedenken ausgelöst hatte. Am gleichen Tag hatten sich in Siem Reap in Kambodscha der thailändische Aussenminister Kasit Piromya und sein kambodschanischer Kollege Hor Namhong bei einem Treffen der Thai-Cambodia Joint Commission (JC) darauf geeinigt, den Konflikt um Flaggen auf dem Gelände des Tempels nicht weiter eskalieren zu lassen. Man hatte sich ausserdem darauf geeinigt, die Grenzstreitigkeiten bzw. die Streitigkeiten über die Grenzziehung gemeinsam und friedlich durch die Joint Boundary Commission (JBC) lösen zu lassen.

Lage des Tempels Preah Vihear / Prasart Khao Pra Viharn

Thailand verlangte von Kambodscha die Entfernung der kambodschanischen Flagge über dem Eingangstor der Keo Sikha Kivi Svara Pagoda, da die nach thailändischer Ansicht eindeutig auf thailändischem Territorium liege. Piromya besuchte in Kambodscha auch die beiden PAD-Aktivisten Veera Somkwankid und Ratree Pipatanapaiboon, die von einem kambodschanischen Gericht zu 8 bzw. 6 Jahren Gefängnis wegen Spionage verurteilt worden waren und versprach ihnen die Hilfe der thailändischen Regierung. In Bangkok war es auch am 04.02. zu Streitigkeiten zwischen der PAD und dem thailändischen Ministerpräsidenten Abhisit Vejjajiva gekommen, als bekannt wurde, daß Kambodscha beim UN-Komittee für die Kulturdenkmäler verlangt hatte, daß Thailand eine für das Jahr 2012 geplante Veranstaltung des Gremiums in Thailand entzogen werden sollte, da die Regierung Beschlüsse des UN-Gremiums nicht anerkenne. Abhisit erklärte, daß die Forderungen der PAD zum Rückzug Thailands aus dem Gremium nicht den Interessen Thailands dienen würde und erteilte den Forderungen der PAD eine eindeutige Absage.

Am gleichen Tag begannen jedoch auch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kambodscha und Thailand erneut. Gegen 15:10 Ortszeit beschoss nach Angaben von Generalleutnant Tawatchai Samutsakhon, Kommandeur der 2. Regionalarmee, die kambodschanische Armee mit Artilleriegranaten das Gelände des Dorfes Huay Thip im Tambon Rung, Amphoe Kantharak, Changwat Si Sa Ket nördlich des Preah Vihear Tempels, dabei wurden zwei oder drei Soldaten verwundet. Nach Angaben von TNN TV News wurde im Dorf ein 50 Jahre alter Mann getötet sowie weitere Personen verletzt. Vier Häuser wurden durch Feuer verwüstet, worauf das gesamte Dorf samt Einwohnerschaft sofort evakuiert wurde. Die Angaben des thailändischen Militärs über Gefechte an der Grenze wurden vom Sprecher der kambodschanischen Regierung Khieu Kanharith bestätigt. Der Leiter der Phum Srol-Schule im Tambon Sao Thong Chai, Amphoe Kantharak, Boonruan Pongsapan, bestätigte den Beschuss der Schule durch kambodschanische Artillerie und verwies auf Schäden am Zaun der Schule und zwei tiefe Krater nach dem Beschuss.

Nach Angaben von Chhum Socheat, Sprecher des kambodschanischen Verteidigungsministeriums, wurden bei den Gefechten vier kambodschanische Soldaten verwundet, davon einer schwer. Bei dem dreistündigen Gefecht seien vier thailändische Soldaten gefangen genommen worden. Nach Angaben des Sprechers des kambodschanischen Aussenministeriums, Koy Kuong, will sich Kambodscha beim UN-Sicherheitsrat über die "Thai-Invasion" beschweren, denn nach kambodschanischen Angaben hätten Thai-Truppen Artilleriegranaten 18-20 km weit auf kambodschanisches Territorium geschossen, so Kuong in einer Stellungnahme gegenüber AFP.

Am 05.02. begannen die Kämpfe in der umstrittenen Region um den Phu Makuea-Berg erneut um 06:20 Ortszeit und endeten gegen 07:00. Dabei wurde nach Angaben des Sprechers der thailändischen Armee Colonel Sansern Kaewkamnerd der Sergeant Wuthicharin Chartkamdee getötet und vier weitere Soldaten verwundet. Generalleutnant Tawatchai Samutsakhon, Kommandeur der 2. Regionalarmee, und Generalleutnant Jia Mon, Kommandeur der kambodschanischen Armee-Region 4, nahmen Gespräche über die Einstellung der Feindseligkeiten auf.

Nach Angaben des Generalsekretärs der ASEAN, Dr. Surin Pitsuwan, fordert die ASEAN beide Staaten sofort zur Einstellung der Kämpfe auf, da diese die wirtschaftliche Erholung, Tourismus und Investmentprojekte in der Region behindern würden. Bei der Demonstration der PAD am 05.02. forderte Generalmajor Chamlong Srimuang, ein Unterstützer der PAD, ein härteres Vorgehen gegen Kambodscha und beklagte sich darüber, daß die thailändische Regierung nicht auf die Forderungen der PAD eingegangen sei. Am Nachmittag des 05.02. einigten sich die Kommandeure der kambodschanischen und thailändischen Truppen auf eine sofortige Feuereinstellung. Nach Angaben des Gouverneurs der Provinz Surin, Serm Chainarong, hätte der Kommandeur der 2. Regionalarmee die Wiedereröffnung des Grenzkontrollpunktes Chong Jom angeordnet, der seit dem 04.02. geschlossen gewesen sei. Somchai Chuapetsophon, Inspektor der Zone 13 des thailändischen Gesundheitsministeriums, gab bekannt, daß insgesamt 14 Soldaten und drei Zivilisten bei den Kämpfen am Freitag und am Samstag verletzt worden seien. Nach Aussage von Abhisit hätten thailändische Truppen niemals kambodschanisches Gebiet angegriffen, sondern nur die thailändische Souveränität über thailändisches Gebiet verteidigt.

Am 06.02. nahm der Druck der PAD auf den thailändischen Ministerpräsidenten zu, denn die PAD fordert nun den Rücktritt der gesamten Regierung wegen des Grenzkonfliktes mit Kambodscha. Weitere Proteste der PAD gegen die Regierung seien geplant, so Srimuang, als Sprecher der PAD. Der Sprecher der Puea Thai-Partei, Prompong Nopparait, forderte den thailändischen Aussenminister Kasit Piromya zum Rücktritt auf, da dieser massgeblich an der nicht erfolgten Rückgabe der inhaftierten Thaibürger, die in den kambodschanischen Gefängnissen einsitzen, verantwortlich sei und menschlich auch keine vernünftige Beziehung zum kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen hätte, was allgemein bekannt sei.

Trotz der vereinbarten Feuereinstellung kam es am Abend des 06.02. erneut zu heftigen Artilleriegefechten zwischen den beiden Armeen, die sich über eine Länge von 10 km von Dorf Phum Srol bis zum Dorf Phu Makhua Rung im Amphoe Kantharalak, Changwat Si Sa Ket erstreckten, dabei wurden mehrere Dorfbewohner verletzt. Nach Angaben des thailändischen Armeesprechers Kaewkamnerd hätten die Kämpfe begonnen, als kambodschanische Truppen auf thailändisches Gebiet gefeuert hätten und thailändische Truppen das Feuer erwidert hätten. Der Schuldirektor der Phum Srol-Schule Boomruan Pongsaphan bestätigte eine Schussfolge von 50 Schüssen pro Minute seit Sonntagabend und erklärte: "...ich glaube dies ist nicht länger ein Missverständnis, dies ist Krieg, weil die kambodschanische Seite auf Siedlungen und nicht auf militärische Einrichtungen feuert." Im Distrikt Kantharalak wurde mit der Evakuierung Tausender von Thai aus Dörfern nahe der Grenze begonnen. Gleiches geschah in Chong Jom im Amphoe Kap Choeng im Changwat Surin, wo ebenfalls Bewohner evakuiert wurden. Wegen der Eskalation der Situation in Surin sei die 2. Regionalarmee auf einen Krieg mit Kambodscha vorbereitet, so ein Sprecher der 2. Regionalarmee. Nach Angaben der kambodschanischen Regierung sei ein Teil des Preah Vihear Tempels durch die Kämpfe kollabiert. So sei ein Flügel des Tempels durch thailändisches Artilleriebombardement eingestürzt. Am 06.02. forderte der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen den UN-Sicherheitsrat zu einem dringlichen Treffen auf, um "die thailändische Invasion zu stoppen". Bei den jüngsten Kämpfen seien schon fünf Personen getötet worden, so daß eine sofortige Einstellung der Kämpfe unabdingbar sei.

Am 07.02. begannen dennoch erneut Kämpfe zwischen den beiden Seiten. Schweres Artilleriefeuer und das Feuer von leichten Waffen wurde im Amphoe Kantharalak im Changwat Si Sa Ket gehört. Drei Schulen wurden vorübergeheng geschlossen und viele noch verbliebene Thai suchten Schutz vor den Kämpfen in eilig eingerichteten Notunterkünften. Nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Panitan Wattanayagorn will Thailand so schnell wie möglich die eigene Position im Konflikt dem UN-Sicherheitsrat erläutern.

Grundriss des Tempels Preah Vihear / Prasart Khao Pra Viharn

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon forderte beide Länder zur äußersten Zurückhaltung im Konflikt auf, der nach seinen Angaben bereits sechs Tote gefordert hätte. Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen bestätigte die Tötung eines kambodschanischen Soldaten in den jüngsten Kämpfen. Nach thailändischen Militärangaben wurden in den letzten Kämpfen 13 thailändische Soldaten verwundet, davon einer schwer. Hun Sen forderte die UN erneut zu einer unverzüglichen Sitzung des Sicherheitsrates wegen "der thailändischen Aggression" auf, während der stellvertretende thailändische Ministerpräsident Suthep Thaugsuban darauf beharrte, daß "Thailand keine Invasion in einem anderen Land plane, sondern nur seine Souveränität verteidige." Nach Angaben von Somsak Suwansujarit, Gouverneur der Provinz Si Sa Ket, verbrachten 15.000 Personen die Nacht in 38 temporären Notunterkünften, und 23 Schulen in der Nähe der Grenze seien von Montag bis Mittwoch geschlossen worden.

Am 07.02. fordert der stellvertretende thailändische Ministerpräsident die PAD auf, ab sofort Protestdemonstrationen zu unterlassen und die Stimmung im Land nicht weiter zu verschärfen. Dennoch will die PAD nach Angaben von Generalmajor Chamlong Srimuang nicht von den Demonstrationen gegen die Regierung absehen, obwohl die Regierung die Demonstrationen nach Paragraph 2 des ISA (Internal Security Act) verbieten und notfalls gewaltsam auflösen lassen kann. Durch den Artilleriebeschuss wurde auch das Hauptquartier des thailändischen Phra Viharn Nationalparks beschädigt. Er musste geschlossen werden. Der 130 km² große Nationalpark liegt an der Grenze zu Kambodscha. Nach Aussagen des Chefs des National Park, Wildlife and Plant Conservation Departments Sunant Aroonnopparat seien Schäden von 400-500.000 THB an Gebäuden und Einrichtung verursacht worden. Auch ist der Handel zwischen beiden Ländern in der betroffenen Region stark abgesunken, denn laut Grenzpolizeioffizier Uthit Chotecharoennan sei die Zahl der Kambodschaner, die das Amphoe Klong Yai im Changwat Trat am Montag betreten wollten, um mehr als 50% gefallen.

Nach glaubhaften Berichten seien in die kambodschanische Provinz Koh Kong, wo es mehrere, von Thai gern aufgesuchte Kasinos gibt, in den letzten Tagen überhaupt keine Thai mehr eingereist, obwohl es sonst mindestens 200 Personen pro Tag seien. Ebenfalls am 07.02. teilte der thailändische Gesundheitsminister Jurin Laksanavisit mit, daß in den Kämpfen zwischen dem 04.02.und dem 07.02. bereits zwei Thai getötet und 34 Thai verletzt worden seien. Bei den Getöteten handelt es sich um einen Soldaten und einen Zivilisten. Von den Verletzten seien 30 Soldaten und vier Zivilisten. Die meisten Verletzten werden im Sunpasitthiprasong Hospital behandelt, weitere Verletzte sind im Kantharalak Hospital in der Provinz Si Sa Ket. Die Proteste der PAD gegen die Regierung in Bangkok dauern an. Ein Teil der Thanon Ratchadamnoen Nok bleibt weiterhin durch die Protestler blockiert. Generalmajor Srimuang lehnte die Räumung der Strasse ab, solange die Regierung nicht auf die Forderungen der PAD eingehe und zurücktrete.

Auf einer Pressekonferenz teilten der Sprecher der thailändischen Regierung Panitan Wattanayagorn, der Sprecher der Armee Colonel Sansern Kaewkamnerd und der Sekretär des Außenministeriums Chavanond Intarakomalsut der Presse mit, daß die jüngsten Kämpfe eindeutig von der kambodschanischen Seite begonnen worden seien und Thailand nur auf die Angriffe geantwortet hätte. Auf Anweisung des thailändischen Verteidigungsministers Prawit Wongsuwon soll der Kommandeur der 2. Regionalarmee, Generalleutnant Tawatchai Samutsakhon wieder Gespräche mit den kambodschanischen Militärs über die Beendigung der Kämpfe aufnehmen. Dies teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums Colonel Thanathip Sawangsaeng mit. Nach einer ungenannten Quelle hätte hinter den jüngsten Angriffen der Kambodschaner der 32 Jahre alte Brigadegeneral Hun Manet, ein Sohn des kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen gestanden, der sich mit diesen Aktionen Respekt bei seinem Vater verschaffen wollte. Trotz eines Telefongespräches von Wongsuwon mit Hun Sen und dem kambodschanischen Verteidigungsminister Tea Banh, die sich alle einig über die sofortige Beendigung der Kämpfe waren, seien die Kämpfe weitergegangen, so daß die thailändische Regierung davon ausgeht, daß Teile der kambodschanischen Armee nicht mehr den Befehlen ihrer Oberbefehlshaber gehorchen und auf eigene Faust handeln. Hor Namhong, der kambodschanische Außenminister, teilte mit, daß in den jüngsten Kämpfen 5 Kambodschaner getötet worden seien und es 45 Verletzte gegeben hätte. Die UN forderte im Namen der gegenwärtigen Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrates, der brasilianischen Botschafterin Maria Luiza Ribeiro Viotti beide Seiten zur äußersten Zurückhaltung und sofortiger Kampfeinstellung auf. Auch Marty Natalegawa, Außenminister Indonesiens und gegenwärtiger Vorsitzender der ASEAN, forderte beide Seiten zur Mäßigung im Konflikt auf und forderte beide Seiten auf, den Weg zu Gesprächen zu suchen.

Am 08.02. wurde ein von den Kambodschanern gefangen genommener Thai-Soldat dem thailändischen Militärattachee in Phnom Penh übergeben und nach Thailand repatriiert. Am gleichen Tag kam der indonesische Außenminister zu Gesprächen nach Bangkok, um sich dort den thailändischen Standpunkt zum gegenwärtigen Konflikt anzuhören. Die PAD fordert jetzt die Regierung offen heraus, in dem sie die Regierung auffordert, in dem Konflikt mit Kambodscha "die militärische Operationsbasis der Kambodschaner am Preah Vihear Tempel militärisch zu stürmen, die Kambodschaner zu vernichten und das Gesetz des Handelns in thailändische Hände zu übernehmen." Bei einem Besuch des indonesischen Außenministers in Phnom Penh behauptet der kambodschanische Außenminister Hor Namhong gegenüber dem ASEAN-Generalsekretär, daß bei allen vier Kampfhandlungen der letzten Tage immer zuerst Thailand angegriffen hätte und Kambodscha sich lediglich verteidigt hätte. Auch Vietnam fordert jetzt beide Kriegsparteien zu ernsthaften Gesprächen auf. Auf thailändischer Seite forderte der Konflikt ein weiteres Todesopfer. Am 08.02. starb im Sapphasitthiprasong Hospital in der Provinz Ubon Ratchathani der dreißigjährige Sergeant Thanakorn Poompern der Task Force 23. Er war bei den Kämpfen in der Sonntagnacht im Abschnitt zwischen Non Ao und Phum Srol schwer verwundet worden.

MEIN KOMMENTAR

In beiden Ländern sind leider wieder einmal die unverbesserlichen Nationalisten am Werk. In Thailand die PAD, die gegen die Regierung agitiert und martialisch militärische Gewalt gegen Kambodscha fordert. Und in Kambodscha Träumer, die die alte Herrlichkeit des untergegangenen Khmer-Imperiums wiederherstellen wollen, der Zeit, in der Kambodscha die Macht in Südostasien war und nicht Thailand! Heute sind jedoch nicht nur die Machtverhältnisse anders, sondern auch die wirtschaftlichen und geostrategischen Machtbedingungen haben sich geändert. Im Norden der beiden Länder befindet sich mit der Volksrepublik China der wahrscheinlich mächtigste Staat des gegenwärtigen Jahrhunderts, das ja gerade erst begonnen hat. Diese Volksrepublik möchte gerne Ruhe im Süden ihres Machtbereiches, hat sie jedoch selbst genug Unruheherde im eigenen Land (Tibet, Xinjiang, um nur einige zu nennen) und kann nicht weitere Spannungsgebiete oder womöglich sogar Kriege in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gebrauchen.

Im Osten der beiden Länder liegt das aufstrebende Vietnam, wo sich der in der Ideologie vorhandene Kommunismus und der in der Praxis ausgeübte Kapitalismus die Hand gereicht haben und sich das Land in einem wirtschaftlichen Aufschwung befindet. Nicht zuletzt gestützt auf eine Armee, die sich in den vergangenen Jahrzehnten als äußerst effizient erwiesen hat (Abschüttelung der französischen Kolonialherrschaft, Gewinn des Krieges gegen die übermächtigen U.S.A. und Befreiung Kambodschas vom mörderischen Pol Pot-Verbrecherregime).

Kambodscha und Thailand streiten sich seit Jahrzehnten um ein 4.2 km² großes Gelände, um ein Stück des Weltkulturerbes. Vermutlich ist rechtlich Kambodscha im Recht bezüglich des Besitzes des Tempels, denn mit Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 15.06.1962 wurde das Gebiet Kambodscha zugesprochen. Zwar wurde das Urteil zähneknirschend in Thailand respektiert, aber nie wirklich akzeptiert. Immer wieder versuchten auf thailändischer Seite uneinsichtige Nationalisten eine vermeintliche Hoheit Thailands über das Gebiet des Tempels zu konstruieren. Jede Regierung, die Verhandlungen mit Kambodscha über den immer noch nicht definitiv markierten Grenzverlauf aufnimmt, wird sofort von diesen besserwisserischen Nationalisten des Verrats thailändischer Interessen bezichtigt und droht irgendwann zu stürzen. Der gegenwärtige thailändische Ministerpräsident gilt im eigenen Land bei großen Teilen der Bevölkerung als schwach. Er hat die Probleme mit den "Roten" seit den Unruhen im April/Mai 2010, jetzt den Widerstand der "Gelben" gegen seine Verhandlungen mit Kambodscha und im Süden noch die widerspenstigen muslimischen Provinzen. Man möchte ihn gerne los werden, aber wer kommt danach? Der neue thailändische Generalstabschef ist ein starker Mann, der ganze Gegensatz seines Vorgängers. Aber würde eine neue Militärdiktatur dem Lande wirklich nutzen? Ich wage dies ganz entschieden zu bezweifeln, denn das Land würde wieder in eine Phase der Lethargie zurückfallen und der jetzt vorhandene Fortschritt würde verspielt werden.

Kambodscha sollte sich ebenfalls hüten, die nationalistische Seite seines wahrlich großartigen historischen Erbes hervorzukramen. Das Glanzalter der Khmer ist lange vorbei. Heute ist Kambodscha ein sehr armes Land, das dringend auf Hilfe und Wohlwollen seiner Nachbarländer, insbesondere Thailand, angewiesen ist. Das Land kann sich weder wirtschaftlich noch militärisch einen Krieg mit Thailand leisten. Dies würde den Untergang des jetzigen Staates bedeuten, und der Verlust wäre die Staatlichkeit Kambodschas. Manche Nachbarstaaten wären über ein Verschwinden Kambodschas von der Landkarte nicht böse. Es gibt noch genug alte Rechnungen zu begleichen, die in einer längst überwundenen Historie liegen!

Wie könnte nun eine vernünftige Lösung aussehen? Beide Seiten sollten endlich eine friedliche, rechtlich einwandfreie Markierung der Grenze in den umstrittenen Bereichen vornehmen. Dabei könnten ihnen durchaus internationale Organisationen wie die ASEAN oder die UN helfen. Thailand sollte endlich respektieren, daß der umstrittene Tempel auf kambodschanischem Staatsgebiet liegt, und Thailand aber auch Kambodscha sollten ihre massiven Truppenpräsenzen im umstrittenen Gebiet deutlich vermindern. Das gesamte, heute noch zu großen Teilen verminte Gebiet sollte einvernehmlich von beiden Seiten von Minen geräumt werden. Das Gebiet des in Kambodscha befindlichen Tempels sollte unkompliziert von Thailand aus zugänglich sein. Da darf es keinerlei Pass- oder Zollkontrollen geben, denn der Tempel ist ein Heiligtum für die Bewohner beider Länder. Den Ultra-Nationalisten in Thailand, einer leider sehr starken Fraktion, muss unmissverständlich klar gemacht werden, daß mit der Anerkennung und Markierung der Grenzen internationales Recht auch in Thailand selbstverständlich respektiert wird und man ein geachtetes Mitglied der Staatengemeinschaft sein will und kein Paria, dem nichts gilt. Nationalisten gilt es dies unmissverständlich klar zu machen. Hier wird kein "thailändisches Territorium verkauft", denn das Land gehört lt. Gerichtsurteil zu Kambodscha und im Interesse einer friedlichen Nachbarschaft sollte Thailand dies akzeptieren. Thailand würde sich mit einer Missachtung des Gerichtsurteiles nicht nur in Südostasien Feinde schaffen. Auch die restliche Welt wünscht sich ein friedliches Thailand und keine kriegstreiberischen Nationalisten. Kambodschas Nationalisten, die immer noch von einer Renaissance des Khmer-Reiches träumen, müssen endlich und für immer akzeptieren, daß Kambodscha nur in einer friedlichen Existenz dauerhaft überleben wird und vielleicht auch irgendwann und auch hoffentlich, den wirtschaftlichen Erfolg seiner Nachbarn erreichen wird. Dies wird dem Frieden in Südostasien mit Sicherheit dienlich sein. Dr. Volker Wangemann

Dazu die Gelben

Die Gelb-Hemden oder auch bekannt als Volksallianz für Demokratie (PAD) hat ihre lang angekündigte Demonstrations-Androhung wahr gemacht. Sie haben seit dem 25. Januar die Thanon Ratchadamnoen bis rauf zur Makawan Rangsan Brücke dicht gemacht, um mit ihrer Dauer-Demonstration Druck auf die Koalitions-Regierung von Abhisit auszuüben, damit diese sich endlich der Sache um den Grenzgebiets-Streit mit Kambodscha annehmen soll. In den ersten 10 Tagen auf der Ratschadamoen Strasse verlangten die Führung und die Sympathisanten der PAD die Abhisit Regierung auf, dass sie drei Bedingungen der PAD unverzüglich umsetzt, damit diese Dauer-Demonstration endet.

Drei Bedingungen der PAD

1. Thailand kündigt mit sofortiger Wirkung die Einverständnis-Erklärung über die zur Verhandlung stehende umstrittene 4,6 QKm Landfläche um den Prah Vihan/Preah Vihar Tempel mit Kambodscha auf. Weil in den Augen der PAD nicht nur das 4,6 Quadratkilometer Gebiet sondern auch der Prah Viharn Tempel zu Thailand gehöre.

2. Thailand soll aus dem Weltkulturerbe Gremium der UNESCO austreten. Die PAD vertritt die Ansicht, dass die UNESCO nicht wirklich für die Erhaltung und Entstandhaltung der weltweit bedeutenen Kulturdenkmäler steht sondern eine internationale Kolonialmacht, die sich in die kulturellen Angelegenheiten einmischt.

3. Die thailändisch königliche Armee solle das umstrittene 4,6 Quadratkilometer große Gebiet um den Prah Viharn Tempel, das der PAD zufolge zu Thailand gehört, von dort lebenden Kambodschanern räumen. Weil dieses Gebiet von beiden Ländern beansprucht wird und als umstritten gilt hat Kambodschas Premier und Diktator Hun Sen ein Dorf einfach in dieses Gebiet umgesiedelt, um, wenn sich die Zeit verjährt, dieses umstrittene Gebiet einfach Kambodscha einzuverleiben. Davor warnt die PAD mit nationalistischen Aufrufen wie z.B. "Wir müssen unser Land gegen die Einverleibung von Kambodscha verteidigen und darauf aufmerksam machen, dass der Prah Viharn Tempel zu Thailand gehört" oder "Lieber unsere Würde verlieren als nur einen Quadratmeter Land an unsere Nachbarn (Kambodscha) verlieren."

Die Regierung von Abhisit hat diese Bedingungen als nicht machbar und abstrus abgelehnt und der Volksallianz für Demokratie vorgeworfen sich in politische Angelegenheiten einzumischen.

Letzte Woche hat die PAD ihre Rhetorik nochmals verschärft und ein Ultimatum gestellt. Der Premierminister solle bis Freitag zurücktreten um jemanden an die Macht zu lassen, der dazu fähig ist, das Land zu verteidigen.

Am 4. Februar gab es den Schusswechsel im Grenzbereich der 4,6 QKm. Es gab Verletzte auf beiden Seiten. Und beide Seiten bezichtigen sich gegenseitig. Dieser Schusswechsel dauerte zwei Tage. Am 6. Februar haben beide Seiten Waffenstillstand vereinbart. Um diesen Grenzgebiet-Streit beizulegen will Kambodscha die UN als Vermittler, doch die thailändische Regierung verwahrt sich gegen die Einmischung von außen und möchte diesen Konflikt durch Verhandlungen von nur beiden Seiten lösen.

Am 11. Februar ist die PAD mit etwa mehr als 10.000 Sympathisanten erst zur Pferde-Statue von Rama V. marschiert, um dort zu beten und dann weiter zum Parlamentsgebäude marschiert, um den Premier Abhisit aufzufordern, dass Thailand gegen den fortlaufenden Flächenverlust angemessen reagiert.

Bangkok Korrespondent des FARANG Pongtorn "Noi" Nakornsri


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