Kommt Thaksin zurück oder nicht?

Entgegen den vormaligen Ankündigungen der gegenwärtigen thailändischen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra, im Falle des 2006 durch einen Militärputsch gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra vorerst nichts zu unternehmen, richtet die Regierung nun doch, knapp einen Monat nach dem Amtsantritt eine Petition an König Rama IX., mit der Bitte um Begnadigung und Gewährung der Rückkehr nach Thailand von Thaksin. Bereits im Jahr 2009 war diese Petition von Thaksin-Unterstützern an die damalige Regierung unter Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva gerichtet worden, von dieser jedoch nicht an den König weitergeleitet worden. Traditionell hat der König das höchste Recht Begnadigungen auszusprechen und muss immer zuerst befragt werden.

Mein Kommentar

Die Ministerpräsidentin glaubt zwar, daß sie mit der Petition an den König den richtigen Schritt tut, um ihren Bruder die Rückkehr nach Thailand zu ermöglichen, aber dieser Schritt könnte sich für sie als sehr gefährlich erweisen. Betrachten wir einmal die drei möglichen Optionen, die König Bhumibol hat:

1.) Er begnadigt Thaksin und ermöglicht ihm die Rückkehr nach Thailand. Dann hat er zwar, in den Augen der Ministerpräsidentin, ihren Bruder begnadigt, und nicht sie, aber es bleibt ein ungutes Gefühl. Zwar wird niemand offiziell etwas gegen eine Begnadigung seitens des Königs sagen, aber das Rechtsverständnis vieler Menschen in Thailand dürfte mit absoluter Sicherheit schwer gestört sein, denn dann müssten, der Logik folgend, auch sämtliche anhängigen Prozesse gegen ihn eingestellt werden, und er würde straffrei ausgehen! Dies dürfte gerade im Lager der "Gelben" zu einem Überdenken der Einstellung gegenüber der Monarchie führen, denn bisher waren sie unbedingt königstreu. Das könnte sich aber bei einer Begnadigung Thaksins durch den König ändern. Thaksin ist in den Augen der "Gelben" ein absolutes Feindbild, er wird von dieser Gruppe gehasst und verachtet. Zwar kann man nicht gegen eine Begnadigung des Königs opponieren und niemand wird diese öffentlich in Frage stellen, aber es könnte sich der für die Monarchie viel gefährlichere Zustand einstellen, daß jetzt auch die treuesten Unterstützer sich von der Monarchie abwenden.

2.) Er begnadigt Thaksin nicht, und die Einreise des Ex-Ministerpräsidenten ist weiterhin nicht möglich. Dann ist zwar der Zustand rechtlich einwandfrei gelöst, Thaksin muss weiterhin fürchten, für seine Taten strafrechtlich die Verantwortung übernehmen zu müssen, aber jetzt werden die "Roten" keine Ruhe geben. Aber auch sie werden es nicht wagen, offen gegen die Monarchie zu opponieren oder gar eine andere Regierungsform zu fordern. Frau Yingluck wäre bei einer Ablehnung der Petition seitens des Königs in einer recht guten Lage, denn sie könnte nunmehr darauf verweisen, daß sie ja die Petition weitergeleitet habe, aber der König als oberste Petitionsinstanz die Begnadigung abgelehnt habe. Vielleicht hofft Frau Yingluck sogar insgeheim auf diese Lösung, denn nur bei einer Nichtrückkehr ihres Bruders, gestützt durch die Nichtbegnadigung durch den König, kann sie sich zu einer eigenständigen Ministerpräsidentin entwickeln und vielleicht sogar Gutes für das Land bewirken. Ist ihr Bruder erst einmal wieder in Thailand, offiziell begnadigt durch die höchste Instanz, dann wird er, diese Prognose sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, sehr schnell in die politischen Geschäfte seiner Schwester eingreifen, und Frau Yingluck wäre nur noch die "Klon-Ministerpräsidentin", eine Puppe in den Händen ihres Bruders, der jetzt der "heimliche" Ministerpräsident wäre!

3.) Er beschäftigt sich überhaupt nicht mit der Petition, d.h. die an ihn gerichtete Petition wird von ihm einfach nicht behandelt. Die Ministerpräsidentin und die Regierung würden es niemals wagen, den König zu einer Behandlung der Petition aufzufordern, also bleibt alles so wie es ist. Diese Möglichkeit ist nicht so abwegig wie sie vielleicht erscheinen mag, dafür gibt es sehr gute Beispiele. So muss jedes Todesurteil in Thailand (z.B. bei Drogenvergehen!) grundsätzlich vom König bestätigt werden, und jahrelang konnten Todesurteile in Thailand nicht vollstreckt werden, da der König sie grundsätzlich nicht zur Kenntnis nahm. Nimmt also der König im Fall Thaksin die Petition also nicht zur Bearbeitung an, d.h. also er unterschreibt ganz einfach keine Begnadigung, dann ist das Problem Thaksin ganz einfach durch "Aussitzen" erledigt.

Die besten Lösungen für Frau Yingluck wären in der gegenwärtigen Situation die Lösungen 2.) und 3.), denn nur bei diesen Lösungen kann sie einen eigenständigen Stil entwickeln. Es besteht für sie durchaus die Möglichkeit, daß es, bei einer Nichtrückkehr Thaksins, zu Unruhen mit den "Roten" kommt. Aber diese werden sich in Grenzen halten, wenn es Frau Yingluck gelingt, auch bei den "Roten" mit eigenen Leistungen zu glänzen, die dann im Laufe der Zeit die vorgeblichen Verdienste ihres Bruders vergessen machen werden. Die "Roten" werden es mit großer Sicherheit nicht wagen, gegen die Monarchie vorzugehen, auch sie sind ja Unterstützer der Monarchie, und selbst die Äußerungen führender "Roter" während der Unruhen des Jahres 2010 haben immer wieder das Fortbestehen der Monarchie betont. Hier droht also Frau Yingluck mit Sicherheit keine Gefahr bei einer möglichen Nichtbegnadigung. Die "Roten" erwarten von der Ministerpräsidentin eine nachhaltige Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage und eine fairere Behandlung bei Auseinandersetzungen mit den Behörden und Gerichten. Den Prozess der Versöhnung der Gesellschaft, die Verbesserung der Lebensverhältnisse sowie eine Änderung bei der Behandlung der Anliegen der ärmeren Bevölkerung kann, muss und sollte Frau Yingluck alleine leisten. Dazu bedarf es nicht der Hilfe ihres Bruders, wenn sie noch länger die Ministerpräsidentin bleiben will! Dr. Volker Wangemann


Die gegen Thaksin Shinawatra in Thailand anhängigen Klagen

In Thailand sind immer noch mehrere Klagen vor Gerichten bzw. der National Anti-Corruption Commission gegen den früheren thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra anhängig, d.h. in diesen Fällen sind noch keine endgültigen Urteile verkündet worden bzw. die verkündeten Urteile können wegen der physischen Abwesenheit des Beklagten momentan nicht vollstreckt werden. Wir wollen an dieser Stelle einmal die einzelnen Fälle untersuchen:

1.) Eine illegale Emission von zwei- und dreistelligen Zahlenlotterien

Die Kriminalabteilung des Obersten Gerichtes (Supreme Court Criminal Division) für Öffentliche Bedienstete mit politischen Ämtern hat den Fall zurückgestellt, da Thaksin flüchtig ist. Im Jahr 2009 wurden der frühere Finanzminister Warathep Ratanakorn, der frühere ständige Sekretär für Finanzen Somjainuk Engtrakul und der frühere Direktor der staatlichen Lotterie Chaiwat Phasokphakdee zu jeweils zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Andere Verdächtigte, sämtlich Kabinettsmitglieder, wurden für unschuldig befunden.

2.) Machtmissbrauch bei der Genehmigung eines Exim Bank-Kredites an Burma

Thaksin hat vermutlich bei der Genehmigung des Kredites an Burma seine Macht missbraucht, da diese Kreditvergabe die Geschäfte seiner Familie, der Shin Corporation, begünstigt hätte. Wie im Fall 1 hat auch hier die Kriminalabteilung des Obersten Gerichtes für Öffentliche Bedienstete mit politischen Ämtern den Fall zurückgestellt, da Thaksin flüchtig ist.

3.) Illegaler Wechsel von Telekommunikationskonzessionsgebühren in Verbrauchssteuern

Dieser Wechsel begünstigte die Shin Corporation und brachte Thailand einen Schaden von 66 Milliarden THB. Die Nationale Anti-Korruptions-Kommission und der Generalstaatsanwalt arbeiten zusammen an diesem Fall.

4.) Anklage wegen Terrorismus

Die Abteilung für Spezielle Ermittlungen legte die Anklage dem Kriminalgericht vor. Die Anklage betrifft Thaksins Rolle bei der Unterstützung der Rothemden bei den Unruhen des Jahres 2010.

5.) Amtsmissbrauch bezogen auf den CTX 9000 Bombenscanner-Skandal

Die Nationale Anti-Korruptions-Kommission ermittelt in dem Fall von Amtsmissbrauch gegen Thaksin und einige seiner Kabinettsmitglieder wegen Korruption bei diesen Teilen für den Flughafen Suvarnabhumi.

6.) Amtsmissbrauch wegen der Erlaubis, daß ein Kredit der Krung Thai Bank für ein privates Unternehmen verwendet werden konnte

Das Vermögens-Untersuchungskommittee (Assets Examination Committee) klagte Thaksin wegen der illegalen Genehmigung eines 9 Milliarden THB-Kredites an Krisda Mahanakorn an, da dieser Kredit an diese Firma unter den gegebenen Bedingungen nicht hätte vergeben werden dürfen (non-performing loan). Thaksins Sohn Panthongtae wurde wegen der Annahme von "schmutzigen" Geldes (Anm. des Verfassers: vermutlich Bestechungsgeld ist hiermit gemeint!) angeklagt. Der Fall liegt noch immer bei der Anti-Korruptions-Kommission.

Außerdem steht immer noch die im Jahr 2008 erfolgte Verurteilung von Thaksin zu zwei Jahren Gefängnis wegen des illegalen Landkaufes im sogenannten "Ratchadaphisek-Fall" seiner Exfrau Pojaman an. Man darf jetzt mit Spannung auf die Behandlung dieser Fälle durch die neue thailändische Ministerpräsidentin warten. Allerdings verspricht der Verlauf von zwei Gerichtsentscheidungen in den letzten Wochen, die Thaksins Familie betreffen, hier leider nichts Gutes:

Im ersten Fall wurde vom Berufungsgericht (Appeals Court) der Urteilsspruch des Kriminalgerichtes wegen Steuervergehen gegen Khunying Pojaman na Pombejra (Ex-Frau von Thaksin) wegen "inkompletten Beweisen" aufgehoben. Der zweite Fall wegen Steuervergehens gegen die Kinder des Ex-Ehepaares Pinthongta und Panthongtae war schon Anfang August vom Finanzminister Thirachai Phuvanatnaranubala niedergeschlagen worden. Er bezog sich dabei auf die Entscheidung des Finanzamtes nicht in Berufung gegen die Entscheidung des Zentralen Finanzgerichtes zu gehen, daß zugunsten von Pinthongtha und Panthongthae entschieden hatte. Das Gericht hatte zuvor entschieden, daß die beiden Kinder nicht die wirklichen Eigentümer seien, so daß die Abteilung nicht mehr als 11 Milliarden THB von ihnen fordern könnte, hingegen sei der wahre Eigentümer Thaksin. Dr. Volker Wangemann

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